Katharina Höglinger
A painter still



19.07. - 23.08.2023








Text by

Cornelia Lein






DEEN



YOLO, trotzige Pinsel und Alte(r) EgosYOLO, defiant brushes, and alter egos In der Ankündigungstafel an der Seite zum Ausstellungsraum hängen zwei bunt bemalte Leinwandstücke. Aus dem Farbverlauf löst sich der mit Pinsel geschriebene Titel Katharina Höglinger - A Painter still. Der Raum unter der großen Abwasch ist diesmal bis auf einen dünnen Stapel A4-Blätter auf dem spiegelnden Epoxidharz-Boden leer. Die hintere Wand wurde Weiß gestrichen, darauf tritt uns Katharina Höglingers Mural entgegen. An der unteren Bildkante ist die Wand unregelmäßig aufgebrochen und lässt das Bild über dem Boden schweben.

Wir blicken in einen Innenraum. Unter einer Reihe von Dachformationen liegt eine lila Figur nackt auf einem grünen Teppich und hält einen grünen Hund und eine Art Blume mit zwei Gesichtern umschlungen. Der Zopf, der ihr über die Schulter hängt, erinnert an eine Pinselspitze. Am Unterarm darunter steht A BABY STILL. Der Hund kneift feixend die Augen zusammen. Er scheint ganz verzückt von der Besitzerin zu sein – gleich vier Mal steht ihm KATHI ins Gesicht geschrieben. KH runzelt die Stirn, streckt wie der Hund die Zunge heraus und blickt uns fragend an. Links daneben berühren Zehenspitzen die Schulter. Die Anatomie ist hier generell von dehnbarem Begriff. Der linke Arm umfasst den Hund, darauf ein Herz-Tattoo mit Pfeil. Auf dem Popo blitzt uns prominent ein YOLO entgegen. Rechts daneben schwebt ein weiteres, braunes Hundegesicht vor einer Fensteröffnung. Darunter bedeckt ein brauner, kahler Baumstamm mit freigelegten Wurzeln die Wand. Die lila Tür, auf der ebenfalls KATHARINA steht, ist geschlossen. Die Form der Tür wiederholt sich, immer kleinere Rechtecke sind ineinander gesetzt. Bis auf den Boden sind die Bildkanten klar abgegrenzt. Nur ein kleines Wölkchen und ein Vogel bewegen sich links oben aus dem Format. Über der Tür versteckt sich ein HOPE über einem Ocker unterlegten KATHI.

Katharina Höglingers Arbeit für SINK knüpft an das Repertoire einer früheren Serie an. Begonnen hat es damit, die Titel in die Bilder zu schreiben. In wiederholenden Sujets spielt Höglinger mit dem Selbstportrait zwischen Alter Ego und der Projektion auf ihre Persona als Künstlerin. In dem gemalten Gegenüber verarbeitet sie Persönliches, Imaginiertes und Alltägliches. Begleitet wird sie von weiteren Charakteren wie dem frechen, flauschigen Hund, der ihr zur Seite steht, sowie einer sich wiederholenden Signatur, Textelementen und Zahlen. Gesäumt von den Initialen KH über Kathi zu Katharina spinnt sich ein Spiel aus Nähe und Distanz.

Nach gedanklicher Vorarbeit malt Höglinger die Arbeit spontan vor Ort mit Acryl und Tusche an die Wand. Mit klaren Konturen werden die Protagonist:innen definiert und mit Farbe in unterschiedliche Stimmungen versetzt. Langsam verdichtet sich die Komposition. Die ersten Murals von KH entstanden aus dem Wunsch, den Formaten im begrenzte Atelierraum etwas Größeres hinzuzufügen. Im SINK wird dieses Prinzip auf den Kopf gestellt. Die kleine Wand war letztlich anstrengender zu bemalen als die größeren. Kathi meint, es wird tendenziell dichter im Kleinformat. Das trifft auf das Mural, ihre kleineren Arbeiten auf Leinwand wie auch auf ihre Texte zu, die ihre Praxis im letzten Jahr vermehrt begleiten. Das Schreiben funktioniert dabei wie das Zeichnen als schnelles, skizzenhaftes Arbeiten zwischendurch.

In der künstlerischen Auseinandersetzung dürfen sich auch Krisen manifestieren. Fühlt sich das Medium der Malerei noch stimmig an? “but i know you” zieht sich als Wiederholung durch den Text. Der Verlust von etwas Vertrautem, enttäuschten Erwartungen schwingt mit. Das „ich“ sitzt im Park, in der Wiese, auf Holz. Dazwischen wird auf „Hobbies“ verwiesen, die an Stefanie Sargnagels Feder anknüpfen: Gendern, Streiten, Anpassung. Ein leises Aufbegehren in der Resignation. Am Ende steht ein gebrochenes Herz.

A painter still erzählt von einer Ambivalenz, einem skeptischen Durchhalten. Bei genauerem Hinschauen wird die halb resignierende, halb trotzige Ansage auf dem Ausstellungsschild vom bereits bekannten Hund mit Pinsel in der Hand ergänzt: (IMMER MALEN) ok ok. Zwischen Diktat und Wienerischem „Passt schon“ öffnet sich die Arbeit von Katharina Höglinger als Raum zur Verhandlung vom Politischen im Privaten. Mit Beharrlichkeit, Selbstironie und selbstbewusstem Blick begegnet sie den Betrachter:innen. Das Alter Ego wird zur augenzwinkernden Strategie, die zwischen persönlicher und projizierter Identität ihre Existenz behauptet. Es gilt, den Raum einzunehmen - egal in welchem Format. YOLO eben.


Two brightly painted canvases hang on the announcement board just outside the exhibition space. Written in brush, the title “Katharina Höglinger - A Painter still” stands out from the color gradient. This time, the space under the large sink is empty except for a thin stack of A4 sheets on the reflective epoxy resin floor. The rear wall has been painted white; on it, we encounter Katharina Höglinger’s mural. Irregular chunks of the wall are broken up along the lower edge of the image, which makes the mural seem to float above the floor.

We are looking into an interior. Under a series of rooftops, a purple figure lies naked on a green carpet, holding a green dog and a kind of two-faced flower. The braid hanging over her shoulder resembles the tip of a paintbrush. On her forearm below it is written “A BABY STILL”. The dog squints with mischievous eyes. It seems to be completely enraptured by its owner – “KATHI” is written on its face four times. KH frowns, sticks out her tongue like the dog, and looks at the viewer questioningly. To the left, the tips of her toes touch her shoulder. The mural treats anatomy as a flexible concept. Her left arm, on it a heart tattoo with an arrow, embraces the dog. On the figure’s butt, “YOLO” is written prominently. To the right, another brown dog face hovers in front of an open window. The wall below is covered by a brown, bare tree trunk with exposed roots. The purple door, which also has “KATHARINA” written on it, is closed. The shape of the door repeats, with smaller and smaller rectangles placed inside each other. Except for the floor, the edges of the picture are clearly delineated. Only a small cloud and a bird exit the format in the upper left. Above the door, the word “HOPE” on an ocher background hides above another “KATHI”.

Katharina Höglinger’s work for SINK builds on an earlier series’ repertoire. It began with writing the titles into the images. Höglinger employs repeating subjects to play with the self-portrait between alter ego and projection onto her persona as an artist. The painted counterpart she uses to process the personal, the imagined, and the everyday. She is accompanied by other characters such as the cheeky, fluffy dog by her side, as well as a repeating signature, text elements, and numbers. Lined by the initials KH or written out as Kathi or Katharina, the images spin a game of proximity and distance.

After preparing mentally beforehand, Höglinger paints her works extemporaneously on site with acrylic and ink on the wall. The protagonists are defined with clear contours and color is used to create different moods. The composition is slowly beginning to density. The first murals by KH came from a desire to add something larger to the formats in the limited studio space. In SINK, this idea is inverted. The small wall ended up being more demanding to paint than the larger ones. Kathi says things tends to get denser in small formats. This is true of the mural and her smaller works on canvas, as well as her texts, which, over the past year, have increasingly been a feature of her practice. Writing, like drawing, allows quick sketching on the fly.

Artistic exploration also allows for crises to manifest. Does the medium of painting still feel right? The phrase “but i know you” repeats throughout the text. The loss of something familiar, disappointed expectations, are implicit. The “i” sits in the park, in the meadow, on wood. There are passing references to “hobbies” that are reminiscent of Stefanie Sargnagel’s writing: gendering, arguments, conforming. A quiet rebellion in resignation. At the end, a broken heart.

“A painter still” tells of an ambivalence, a skeptical perseverance. On closer inspection, the quasi-resigned, quasi-defiant announcement on the exhibition sign echoes the now familiar dog with brush in paw: “(IMMER MALEN) ok ok” (English: (ALWAYS PAINTING) ok ok). Between dictate and the Viennese attitude of “good enough”, the work of Katharina Höglinger opens up as a space for negotiating the political in the private. With perseverance, self-irony, and a self-confident gaze, it encounters the viewer. The alter ego becomes a tongue-in-cheek strategy, one that asserts its existence between personal and projected identity. The aim is to take up space – no matter the format. YOLO, after all.






Translation: Reuben Matthews
Photos: Thomas Steineder